Der Ort – In den Zelten

Das Haus der Kulturen der Welt (HKW) liegt zwischen dem großen Berliner Park „Tiergarten“ – im 16. Jahrhundert als königlicher Jagdgrund geschaffen – und dem heutigen Regierungsviertel, einem Ensemble aus Gebäuden rund um den Reichstag entlang der Spree. Das Grundstück liegt am Ende einer historischen Straße aus den 1780er Jahren, die „In den Zelten“ hieß, weil hier die bürgerliche Elite große Festzelte errichtete. Während der deutschen Revolution 1848/1849 wurde die Straße zu einem wichtigen Versammlungsort für Debatten und zur politischen Organisation.

Zu Zeiten der Weimarer Republik war das Gebiet rund um den Tiergarten ein lebhaftes Viertel mit vielen jüdischen Anwohner*innen. 1919 gründete Dr. Magnus Hirschfeld im Haus In den Zelten 10 das Institut für Sexualwissenschaft als erstes seiner Art weltweit. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 grassierten Plünderungen und Bücherverbrennungen – Hirschfelds jüdischer Hintergrund, seine Bemühungen um eine Entkriminalisierung der Homosexualität und seine queere Forschung wurden unmittelbar zur Angriffsfläche; noch im selben Jahr musste das Institut schließen.

Massive Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg beschädigten oder zerstörten alle Gebäude, die Bäume im Tiergarten wurden großteils als Brennstoff gefällt. Nach dem Krieg und der Teilung Berlins entschied der Westberliner Senat, das Gebiet für die Internationale Bauausstellung (IBA) von 1957 „Interbau“ neu zu entwickeln.

Das Gebäude – die Kongresshalle

Das Gebäude, in dem sich heute das HKW befindet, wurde 1957 als Kongresshalle eröffnet. Das Geschenk der US-Regierung an West-Berlin entwarf Hugh Stubbins als US-amerikanischen Beitrag zur Interbau. Es wurde im Osten von deren Hauptstandort errichtet, wo im Hansaviertel ein ganzes Wohngebiet entstand. Um das Vorhaben umsetzen zu können, wurde die Benjamin Franklin Stiftung unter Leitung von Eleanor Dulles gegründet, Schwester des damaligen US-Außenministers John Foster Dulles (nach dem noch heute die Straße vor dem HKW benannt ist).

Die Kongresshalle verfügt über einen Vortragssaal mit Platz für mehr als 1000 Besucher*innen sowie Ausstellungsräume, Büros und ein Restaurant. Stubbins’ modernistischer Entwurf war als Forum eines freien Ideenaustauschs gedacht, die geschwungene Form des Auditoriums – mithilfe baulicher Innovationen realisiert, die bis dahin nur in den USA erprobt worden waren – sollte ein Symbol der Freiheit und Demokratie sein. Entsprechend wurde ein Zitat von Benjamin Franklin (auf Englisch und Deutsch) in die Marmorwand hinter dem Haupteingang eingraviert, das die „Liebe zur Freiheit“ und die „Rechte der Menschen“ beschwört. Die Nähe des Gebäudes zum sowjetischen Sektor sowie seine erhobene Position auf einem künstlichen Hügel unterstrichen die architektonische Aussage zusätzlich. Die große Betonplattform, auf der das Auditorium errichtet wurde, dient als Dachterrasse, erreichbar über eine freistehende Treppe neben einem „Spiegelteich“ am Haupteingang.

Das Eröffnungsprogramm der Kongresshalle im September 1957 trug den Titel Die Alte und die Neue Welt und erkundete die transatlantischen Beziehungen durch Beiträge des Philosophen Theodor W. Adorno, des Dramatikers Thornton Wilder, der Tänzerin und Choreografin Martha Graham und anderen. Während der zwei folgenden Jahrzehnte gab es eine große Bandbreite an kulturellen und politischen Veranstaltungen: von „Musik im technischen Zeitalter“ im Jahr 1962, bei der dreizehn experimentelle Komponisten ihre Arbeit präsentierten, bis hin zu einer Tagung sowjetischer Dissident*innen im Jahr 1977. Diese Aktivitäten wurden allerdings 1980 jäh unterbrochen, als die früh geäußerte Besorgnis über die statische Sicherheit sich als wohlbegründet erwies. Ein Teil des Dachs stürzte ein, tötete einen Journalisten, verletzte mehrere weitere Menschen und zerstörte einen Großteil der darunter liegenden Terrasse. Erst 1987 war der Wiederaufbau abgeschlossen und galten die Sicherheitsvorschriften als erfüllt, sodass das Gebäude wiedereröffnen konnte.

Die Institution – Haus der Kulturen der Welt

Zwei Jahre später und kurz vor dem Fall der Berliner Mauer wurde 1989 das Haus der Kulturen der Welt als neues Zentrum für nicht-europäische Kulturen etabliert. Der Schritt, einen dauerhaften Ort zu diesem Zweck zu schaffen, folgte auf eine Reihe von Veranstaltungen und Ausstellungen, die seit 1979 unter dem Titel Horizonte – Festival der Weltkulturen stattgefunden hatten, ausgerichtet von den Berliner Festspielen.

Die Leitung des HKW oblag:
Dr. Günter Coenen, Januar 1989–Juni 1992
Dr. Anke Wiegand-Kanzaki, Juni 1992–Juli 1996
Dr. Hans-Georg Knopp, Juli 1996–Dezember 2005
Prof. Dr. Bernd Scherer Januar 2006–Dezember 2022

Im Januar 2023 übernahm Prof. Dr. Bonaventure Soh Bejeng Ndikung die Intendanz. Weitere Informationen zu Team und Programm finden sich hier.

Informationen über frühere Projekte und Programme des HKW finden Sie unter: archiv.hkw.de.