Nachruf auf Günter Coenen
Wir trauern um unseren Gründungsdirektor Dr. Günter Coenen (1934–2023), der das Haus der Kulturen der Welt von 1989 bis 1992 leitete. Man kann sich kaum noch vorstellen, wie die Welt und in ihr die Mitte Berlins Anfang 1989 aussahen, als er sein Amt antrat. Der Mauerfall war noch nicht in Sicht. Das Haus befand sich am äußersten östlichen Rand West-Berlins. Außer dem Haus der Kulturen der Welt, 1957 als Kongresshalle erbaut, gab es im Berliner Tiergarten nur die Schweizer Botschaft, die wie durch ein Wunder den II. Weltkrieg überstanden hatte. Sonst nichts. Bäume, Wiesen, Brachflächen und dazwischen die Spree. Die Institution HKW wurde auf Beschluss des Deutschen Bundestages als Pendant zum Goethe-Institut gegründet, „damit Kulturaustausch keine Einbahnstraße mehr sei“. Die Tatsache, dass außerhalb Europas kulturelle Werte, Produkte und Traditionen geschaffen wurden, die den hiesigen ebenbürtig waren, wurde damals als große Neuigkeit – durchaus kontrovers – diskutiert. Für Günter Coenen war das eine Selbstverständlichkeit. Er hatte durch seine Arbeit beim Goethe-Institut viel von der Welt sehen dürfen. Wir haben mit ihm, dem erfahrenen Kulturvermittler, nicht nur gelernt, wie man Veranstaltungen organisiert, sondern auch Diskursthemen setzt und sich – wenn nötig – wehrt. Denn das Haus der Kulturen der Welt fand sich nach dem Mauerfall plötzlich auf einem Filetgrundstück wieder, inmitten des zu errichtenden Regierungsviertels, von Politik und Wirtschaft gleichermaßen geliebt und begehrt. Durch alle Turbulenzen der Anfangsjahre führte Günter Coenen dieses Haus klug, gelassen, gleichbleibend freundlich, neugierig, warmherzig, humorvoll. Wir haben ihm viel zu verdanken.
Berlin, den 20. Mai 2023, Gabriele Tuch
Gabriele Tuch ist als Senior Producerin für Festivals, Musik, Openings und Sonderformate des Haus der Kulturen der Welt verantwortlich. Vor allem die Musik liebt sie sehr. Sie ist seit 1991 Teil des HKW.