I
berlin

als wir aufwachten mit nestern
im haar die wir nacht nannten

schlugen die genesenden väter
schaufelhändig alle klappen zu

schliefen die öfen ohne uns
in ihr vergessen zu nehmen
 

II
glauchau

als wir krank waren von ruß
und schüttgut aus archiven

zogen wir mit den großvätern
ins geschlossne stellwerk ein

sahn die alten gleisbewacher
ihre hände an die hebel legen

durch die tote weichenleitung
ging ein zittern wie auf reisen


III
malczyce / maltsch

als die ausrangierten wagen
auf dem nebengleis träumten

vom umschlagplatz am oderknie
von güterschütt und kohlenstaub

stahlen wir einen trägen waggon
aus seinem gleis aus seinem bett

ließen in den leeren lagerhallen
funken springen die uns galten


IV
                                                 Die kleinen Bahnhöfe ohne einen Ort.
                                                                              Wolfgang Koeppen

als wir aber auf offner strecke
aufstoben zwischen den orten

weil auch die sterne sagt man
ihren ofen über uns anheizen

funkten wir durch landschaft
die wie flugasche um uns lag

noch einmal die route durch
zum haus der weichenwärter


V
legnica / liegnitz

als wir fuhren in den zügen trugen
männer die nicht unsre väter warn

das land in handgeflochtnen körben
(pilze biere) schläfrig durchs abteil

der rauch aus ihren mündern hing
wie nacht uns lange noch im haar



Uljana Wolf, kochanie ich habe brot gekauft (Berlin: kookbooks, 2005)