Pagode ist eine afro-brasilianische Zusammenkunft, die auf dem Bedürfnis nach Kollektivität beruht. Ihr Ansatz geht über eurozentristische Vorstellungen intellektueller Verbindung hinaus – durch eine Form von Intellektualität, die nicht allein auf didaktische Konzepte zurückgreift, sondern auf einer gemeinsamen Raum-Zeit beruht, der Verpflichtung gegenüber anderen, einer gemeinsamen Mission und Zielsetzung. Die Pagode entspringt einem kollektiven Verlangen und der Gewissheit, dass wir nicht allein gehen und schon gar nicht stehenbleiben können; auch still stehen zu können, ist eine Kraft, die auf Kollektivität beruht. Die Dynamik der Pagode hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert, in den Unterkünften der Versklavten in Brasilien, in denen Schwarze Männer und Frauen gemeinsam tranken, aßen und Musik machten. Die pagodas waren der Ort, in dem das Leid, das den versklavten Menschen  zugefügt worden war, zum Ausdruck gebracht und kollektiv aufgearbeitet wurde.

Der afro-brasilianischen Weisheit entsprechend, in der auch das Wissen der Indigenen Völker über die Gebiete aufgehoben ist, besteht die beste Reaktion auf die von den sogenannten „Herren und Herrinnen“ praktizierte, ausgeklügelte Architektur der Annihilation darin, dauerhafte, vielfältige und passgenaue Techniken des Weiterlebens zu entwickeln. Dieser Prozess hat nicht nur zu Resilienz, sondern auch zu einer Kultivierung wachsender Wünsche und Freuden geführt.

Die Pagode ist also nicht nur ein Fest, sondern eine politische Handlung, ein Treffen, bei dem die gemeinschaftliche Freude im Mittelpunkt steht: der Wille, die Begegnung der Menschen, die Musik und vor allem das Essen und Trinken.