Politiken des Rhythmus: Rueda de Bullerengue
Trommeln, Tanzen und Singen als überlieferte Widerstandspraktiken und Communitywissen
Musik- und Tanzworkshop
Su., 17.11.2024
15:00–18:00
Haunani-Kay Trask Saal
Auf Deutsch, Spanisch und Englisch (deutsche Sprachassistenz möglich)
Eintritt frei

Bullerengue—Planting The Seeds for Community Healing (2023), im Rahmen von O Quilombismo. Foto: Sonia Hamad
Das Haus der Kulturen der Welt (HKW) lädt zu einer ersten Bullerengue Rueda ein, dem partizipatorischen Tanz- und Musikformat, in dem sich die kommunitäre Kunstform der afro-kolumbianischen Maroons entfaltet. Mit der Rueda wird der Abschluss der diesjährigen Reihe von internen Bullerengue-Workshops und der Übergang zu einer neuen Reihe mit öffentlichen Veranstaltungen im Jahr 2025 gefeiert.
Seit 2023 engagiert sich das HKW für die Etablierung dieser Praxis in Berlin: zunächst mit den einführenden Workshops Bullerengue – Gemeinsam ernten, was wir säen, die in Anwesenheit von Maestros und Maestras aus den Entstehungsgebieten dieser Praxis stattfanden und durch das erfahrene, in Großbritannien ansässige kolumbianische Bildungsprojekt Bullerengue Circle umfassend begleitet wurden. Im Jahr 2024 organisierte das HKW ein internes Unterrichtsprogramm, bei dem sich eine Gruppe von Interessierten regelmäßig traf, um die Gesangs- und Trommeltechniken des Bullerengue zu erlernen. Angeleitet wurden sie dabei von der in Berlin ansässigen Vermittlerin von Folkloregesang Carolina Riaño Gómez und den Trommlern Dante Parraguez und Cristian Betancourt.
Bullerengue ist eine in der kolumbianischen Karibik und in der Provinz Darién in Panama beheimatete Rhythmusfamilie westafrikanischen Ursprungs. Praktiziert wird er in Ruedas oder Kreisen, bei denen die Teilnehmenden gemeinsam in mantraähnliche Refrains einstimmen, die Erhabenheit und innere Kraft zum Ausdruck bringen. Im erzählerischen Format von Ruf- und Antwortgesängen und als kollektive, improvisatorische Form von Musik und Tanz aktivieren diese bailes cantados – gesungene Tänze – ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Als generationenübergreifende Praxis der gemeinschaftlichen Fürsoge und des Wissenstransfers von älteren Frauen gepflegt, wird der Bullerengue seit Jahrhunderten als Mittel zur Heilung und zur Stärkung der Widerstandskraft eingesetzt. Heute erinnert seine Ausübung an die in der afrodiasporischen Gemeinschaft verwurzelten Geschichten des Widerstands und schreibt diese fort. Seine kulturelle Bedeutung und das spürbare Wohlbefinden, das er auslöst, hat viele Frauen und LGBTQAI+ dazu inspiriert, sich aktiv für die Pflege und Weitergabe dieser Tradition einzusetzen. Bullerengue ist so zu einer Möglichkeit geworden, Widerstand zu leisten, Trost zu finden und von Gewalterfahrungen zu erzählen, die aus lokalen Konflikten wie auch aus systemischer Unterdrückung herrühren.
Für diese Rueda und die weiteren im Jahr 2025 werden Riaño und Parraguez von der Perkussionistin Leo Mejía, den Tänzerinnen und Chorsängerinnen Renata Puelma und Séraphime Reznikoff sowie anderen Enthusiast*innen und erfahrenen Praktiker*innen unterstützt. Gemeinsam wollen sie das erste lokale Ensemble in Berlin aufbauen, das sich dem Ziel widmet, die Wurzeln dieser alten Kunst in der Stadt zu vertiefen. Im ersten Teil der Session werden die Grundlagen des Bullerengue vorgestellt und geprobt, während im zweiten Teil die Rueda eingeübt wird, bei der alle mittanzen und mitsingen und die erfahreneren Teilnehmenden auch singen und trommeln können. Durch diese Aktionen wird die Rueda vollzogen, vorstellbar als ein sich ständig erneuernder Kreis, in dessen Zentrum ein Feuer brennt, das sich aus der Energie und dem Widerstand aller Beteiligten speist und diesen wiederum neue Kräfte verleiht.
Die Bullerengue-Reihe ist Teil des Programms Politiken des Rhythmus, mit dem das HKW zur Weitergabe, Förderung und Aufnahme von relationalen, verkörperten und rhythmischen Kulturen beitragen möchte, die der Praxis und Produktion von kulturellen, zivilgesellschaftlichen und interkulturellen Wissensformen einen Raum geben.
Das HKW heißt alle willkommen, die sich an der emanzipatorischen Praxis des Bullerengue beteiligen möchten, insbesondere diejenigen, die antirassistischen, intersektionalen, feministischen und queeren Aktivismus praktizieren. Alle sind herzlich eingeladen, beim Klatschen, Singen, Tanzen oder Spielen mitzumachen (und eventuell eigene Trommeln oder Maracas mitzubringen).