Bat tanbou a epi dansel'
Giscard Bouchotte im Gespräch mit Kettly Noël
Gespräch
Sa., 12.8.2023
16:00
Safi Faye Saal
Eintritt frei
Auf Französisch. Englische und deutsche Übersetzung. 60 Min.

Rara in Fort-de-France (Martinique), Artincidence, Fiap22. Foto: JB Barret
Karnevalsfeiern in der Karibik sind in den letzten Jahrzehnten zu Werbeveranstaltungen geworden, die bestimmte Erwartungen zu erfüllen haben und sie zu einem Spektakel unter strenger Verwaltung und zunehmend konservativer Aufsicht machen. Entgegen dieses Trends halten Traditionen wie der Rara in Haiti die Körperenergie der Teilnehmenden lebendig – trotz der mangelnden institutionellen Unterstützung, der fehlenden öffentlichen Sichtbarkeit und strukturierten Ankündigungen und der Bemühungen lokaler Politiker, die Dinge in ihrem Sinne zu verändern. Während der Fastenzeit versammeln sich Gruppen mit hunderten Teilnehmenden zu rituellen Prozessionen durch die Städte und über das Land, um symbolisch die Freiheit zu verteidigen und sich mit den hier wirkenden und lebenden unsichtbaren Kräften zu verbinden. Die Prozession stellt eine Art solidarischen, generationsübergreifenden Widerstand des Volkes dar, der gleichzeitig freudvoll, nachdenklich und transzendental ist.
Der Kurator Giscard Bouchotte und die Choreografin Kettly Noël erörtern in diesem Gespräch die Rara-Feste, ihren Nutzen und ihre Verbindung mit dem öffentlichen Raum und anderen gemeinsamen Sphären. Zur Sprache kommt auch das Verhältnis zum kollektiven Körper, der diese Praxis erst hervorbringt und performt, und das Irdisch-Relationale mit dem Spirituellen verbindet. Rara-Feste erzählen uns etwas über die Gegenwart, auch wenn in ihnen die Vergangenheit nachwirkt, als Symptome einer postkolonialen Gesellschaft, die von Unsicherheit, Gewalt, Diskriminierung, einem überwunden geglaubten, aber immer wiederkehrenden Rassismus und Geschlechterhierarchien geprägt ist. Für die Teilnehmenden ist diese Gemeinschaftserfahrung ein intensives Erlebnis von Solidarität und des überwältigenden Gefühls, dass es dem Volk zusteht, frei zu sein.