D1G1TAL anthropophagy x ALGØRITHMIC cannibalism: eine Lecture-Performance in zwei oder mehr Akten
Vanessa Ramos-Velasquez
Lecture-Performance
Fr., 30.5.2025
19:00
Angie Stardust Foyer
Auf Englisch mit deutscher Simultanübersetzung
Eintritt frei

Courtesy of Vanessa Ramos-Velasquez
D1G1TAL anthropophagy x ALGØRITHMIC cannibalism: eine Lecture-Performance in zwei oder mehr Akten ist das neueste Werk von Vanessa Ramos-Velasquez, in dem die Künstlerin das Verschlingen als eine Eigenschaft untersucht, die allen Menschen und ihren Hervorbringungen latent innewohnt. „Anthropophagie“ und „Kannibalismus“ sind oftmals synonym verwendete Begriffe, die den Verzehr eines anderen Körpers beschreiben. Doch werden sie von der brasilianischen Avantgarde-Bewegung der Antropofagia, allem voran durch Oswald de Andrades Manifesto Antropófago (1928), unterschieden. Der Text verleibt sich sowohl die brasilianische Kolonialgeschichte als auch europäische Kulturimporte ein, um sie zu einer einzigartigen Philosophie zu verdauen. Indigene Kulturen spielten eine wichtige Rolle als Inspirationsquelle für die Moderne. Im Zuge der Industrialisierung wurde ihre kulturelle Bedeutung jedoch unterdrückt, weil sie als „Hindernis“ für die von außerhalb adaptierten, unpassenden Entwicklungsmodelle betrachtet wurden. Diese Lecture-Performance formuliert eine dekoloniale Kritik, die neue Formen kolonialer Macht erörtert – angefangen mit dem Cyberspace beziehungsweise digitaler Anthropophagie bis hin zu weiterentwickelten Formen, die aus algorithmischer Macht und Handlungsfähigkeit hervorgebracht werden. Algorithmischer Kannibalismus wird zu mehr als einer Metapher. Er steht für die Kommerzialisierung und Ausbeutung der Natur durch den Kapitalismus auf Kosten westlicher Gesellschaften, die in eine monokulturelle Denkweise gepresst werden und denen die Schwarmintelligenz fehlt, um angemessen zu reagieren. Die Lecture-Performance reflektiert die im Manifesto Antropófago aufgeworfene Frage, wer genau eigentlich wen ‚frisst‘. Zu diesem Zweck bündelt sie in ihrem performativen Setting verschiedene Stimmen zu einem polyphonen Effekt vieler Zungen und Perspektiven.