Lizette Nin beschäftigt sich in ihrer intersektionalen künstlerischen Praxis mit der Dekonstruktion und Rekonstruktion afro-zentrischer Geschichten. Sie erschafft dazu Sprachen, mit denen sich Ursprünge, Identitäten und körperliche Existenzen adressieren und verhandeln lassen. Teil dieser Praxis ist das Palimpsest: das Umschreiben und Nacherzählen der nicht erzählten und vergessenen Geschichten rassifizierter Körper in einem historischen Kontinuum. Indem sie auf ihren fein gezeichneten, hybriden Bildern geflochtenes Haar organisch mit Pflanzen verbindet, definiert Nin in Trails – im Rückgriff auf ihre frühere Arbeit Bajar con trenzas – den Topos des Schwarzen Haars als Waffe im antikolonialen Widerstand und Bewusstsein. In den Zeichnungen wird das aus den in den Zöpfen verborgenen Samen neu entstehende Bild zum Medium von Fluchtrouten, Auswegen aus der Versklavung, einem Wegweiser in die Welt. In der Tradition der marronage als Formierung von Gemeinschaften durch geflüchtete versklavte Menschen zeigt Trails spielerisch die Spannung zwischen Wurzeln und Wegen, zwischen Verwurzelung und Flucht.

Werk in der Ausstellung: Trails (2021/23), Drucke, Farbe auf Stoff, 120 × 260 cm Courtesy Lizette Nin