Die großformatige Leinwand ist charakteristisch für Li Jiun-Yangs spezifische Auseinandersetzung mit traditionellen taiwanesischen Kunstformen, religiösen Darstellungen und der Volkskultur auf der Insel. Als Sohn eines Filmplakatmalers hat er selbst solche Plakate geschaffen, aber auch an Tempelbildern, Kalligrafien, taiwanesischen Handpuppen und Multimedia-Installationen gearbeitet. Li stammt aus dem Süden Taiwans, einem kulturellen Umfeld, das von den indigenen Bewohner*innen Taiwans und den Hoklo (Nachkommen der ersten chinesischen Einwander*innen ab dem 17. Jahrhundert) geprägt ist. Er vertritt eine taiwanesische Identität, die sich von der nationalistischen Vorstellung Chinas unterscheidet, in der die Insel Bestandteil eines homogenen chinesischen Kulturraums ist. In den ersten Jahrhunderten der chinesischen Migration auf die Insel drehte sich das religiöse wie politische Leben um volkstümliche Tempel, die in horizontalen Strukturen miteinander verbunden waren – ein System, das die Möglichkeit bot, sich einer zentralisierten politischen Kontrolle zu entziehen. Die Welt, die Li auf seiner Leinwand skizziert, spiegelt den allgemeinen Geist schrankenloser Fantasie, der in diesen Jahrhunderten paralleler politischer Vorstellungen in Taiwan entstand, vor der japanischen Besatzung. Angesichts des aktuellen Schreckgespensts der chinesischen Machtübernahme stößt dieser idealisierte Moment einer lokalen politischen Vorstellungswelt in der Öffentlichkeit auf großes Interesse.

Werk in der Ausstellung: Fairy-Fairy-Fairy 35 (2011), Malerei, Acryl auf Leinwand, 509 × 144 cm. Courtesy Li Jiun-Yang