Abdias Nascimento, als Künstler, Autor und Aktivist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der afro-brasilianischen und afrikanischen Welt/en, begann in den 1940er Jahren mit seiner Philosophie des Quilombismo einen pluriversalen Entwurf der Moderne zu entwickeln. Indem er an der Schnittstelle von Politik und Kunst seine Stimme gegen den Rassismus erhob, verhalf er afrikanischen Epistemologien zu ihrem Recht – als Wissensarchive künstlerischer, politischer und spiritueller Welten, die sich dem (Neo-)Kolonialismus widersetzen. Im brasilianischen Kontext stellte Nascimento den Mythos der „Democracia racial“ infrage, der den strukturellen Rassismus in der Gesellschaft leugnete. Stattdessen wandte er sich den antikolonialen Bewegungen der Négritude und des Panafrikanismus zu, um afrikanische Kulturen durch globale Solidarität zu stärken. In Rio de Janeiro gründete Nascimento das Teatro Experimental do Negro (1944), die Zeitung Quilombo (1948), das Museu de Arte Negra (1950), das Instituto de Pesquisas e Estudos Afro-Brasileiros (IPEAFRO, 1981) sowie viele weitere Initiativen. Sein malerisches Werk entstand im Exil in den USA (1968–81), wohin er während der Diktatur in Brasilien emigrieren musste. Entgegen der extraktivistischen, formalistischen und kolonialen Konzepte des „Primitivismus“, der „puren Abstraktion“ und des „Universalismus“ in der westlichen Moderne sind seine Bilder ein „Akt der Liebe“ sowie Ausdruck der Handlungsfähigkeit und eigenständigen Wirklichkeiten afrikanischer Menschen. Darin enthalten sind Symbole der Orishas – die Gottheiten der afro-brasilianischen Candomblé- Religion –, die Adinkra-Ideogramme Westafrikas oder Aphorismen aus dem Alten Ägypten. Auch zeitgenössische quilombistische Kämpfe, wie der Unabhängigkeitskrieg in Angola (1961–74) sind Thema von Nascimentos Werken.

Das Haus der Kulturen der Welt (HKW) dankt IPEAFRO/Afro-Brazilian Studies and Research Institute für die Zusammenarbeit.

Werke in der Ausstellung: Ponto Riscado da Liberdade (Sacred Sign for Freedom) (1974), Malerei, Acryl auf Leinwand, 202 × 102 cm; Quilombismo (Exu e Ogum) (Kilombism (Eshu and Ogun)) (1980), Malerei, Acryl auf Leinwand 71 × 56 cm; Afro Estandarte (African Standard) (1993), Malerei, Acryl auf Leinwand, 80 × 50 cm; Teogonia Afro- Brasileira n. 2: Iansã, Obatalá, Oxum, Oxóssi, Yemanjá, Ogum, Ossaim, Xangô, Exu (Afro-Brazilian Theogony no. 2: Iansan, Obatala, Oshun, Oshossi, Yemanja, Ogun, Osanyin, Shango, Eshu) (1972), Malerei, Acryl auf Leinwand, 102 × 152 cm; Baía de Sangue (Luanda) (Bay of Blood (Luanda)) (1996), Malerei, Acryl auf Leinwand, 80 × 100 cm; Oxunmaré Ascende (Oshumare Rising) (1972), Malerei, Acryl auf Leinwand, 152 × 102 cm. Courtesy Instituto de Pesquisas e Estudos Afro-Brasileiros IPEAFRO Museu de Arte Negra