Jurystatement

Ein Buch wie Maria Stepanovas Mädchen ohne Kleider begegnet einem sehr selten. Eine niemals verlaberte, aber dennoch lyrisch aufgeladene Sprache, die vom weiblichen Körper spricht; man ist nie sicher, ob von dessen Kolonialisierung oder Befreiung, seinem Missbrauch oder seiner Schönheit; manchmal ist man nicht einmal sicher, ob es um Bäume geht oder Menschen, die Subjekte tot sind oder lebendig. Stepanova benutzt fast nur ‚leichte‘Wörter, aber es werden vollkommene Gedichte daraus, eigenständige Gebilde, die aus sich selbst heraus Spannung erzeugen und Räume öffnen. Sie knipst sofort die Aufmerksamkeit des Lesers an –auch in der Übersetzung. Zeilen wie „Immer ist da etwas, das sagt: zieh dich aus/ Und zeig her, nimm das ab, leg es weg, leg dich hin Und mach breit, lass sehen,/ Mach auf, fass ihn an, siehst du das“ sind auch auf Deutsch sehr musikalisch – eine unglaubliche Leistung auch der Übersetzerin. Ein in jederlei Hinsicht herausragender Band.

– Juliane Liebert
 

Maria Stepanova ist die international erfolgreichste russische Dichterin der Gegenwart. Für ihr umfangreiches lyrisches und essayistisches Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihr Prosadebüt Nach dem Gedächtnis (2018) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Zurzeit ist sie Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Olga Radetzkaja ist Übersetzerin. Sie hat unter anderem Werke von Julius Margolin, Viktor Schklowski, Polina Barskova und Boris Poplawski übersetzt. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Brücke Berlin Literatur- und Übersetzerpreis 2020 (zusammen mit Maria Stepanova), und dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW 2019.
 

Info:
Maria Stepanova: Mädchen ohne Kleider
Russland
Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja
Suhrkamp Verlag, 2022
Leseprobe im Reader zur Shortlist [PDF, 1MB]
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