In seinen Fotografien, Videos und Installationen beschäftigt sich Niklas Goldbach mit der Ambivalenz architektonischer Utopien – ihren Versprechen eines irdischen Paradieses und ihren dystopischen Kehrseiten. Die von ihm dokumentierten Räume verdichten die Schattenseiten postmoderner Lebenswelten und verdeutlichen, wie Architektur zur Bühne und zum Verstärker neoliberaler und neokolonialer Gesellschaftsstrukturen wird. Mit Permanent Daylight untersucht Goldbach seit 2013 die Disziplinierung und Kontrolle von Raum und Körper. Die Fotografien zeigen menschengemachte Orte weltweit – ein groß angelegtes Wohnungsbauprojekt in Pardis, einem Vorort Teherans, ein stillgelegtes Wellenkraftwerk in Øygarden, ein luxuriöses Einkaufszentrum in Lissabon, eine Justizvollzugsanstalt in Stuttgart – die sichtbare Spuren ihrer Vergangenheit oder erste Hinweise auf ihre bevorstehende Transformation zeigen. Sie sind stumme Zeugnisse der Weltanschauungen und politischen Systeme, die sie hervorbrachten. Ohne jemals Menschen abzubilden, hinterfragt das Projekt die Illusion universeller Mobilität und macht die sozialen Ungleichheiten der globalisierten Welt sichtbar. Der Titel verweist ironisch auf den kolonialen Mythos vom „Reich, in dem die Sonne nie untergeht”. Die Mixed-Media-Installation A State of Happiness (2024) wiederum ist Teil des multimedialen Projekts The Paradise Machine (2022/2024), in dem Goldbach die im westlichen Europa ansässigen Center Parcs untersucht. Diese standardisierten Ferienanlagen sind nicht nur wirtschaftliches Freizeitmodell, sondern gesellschaftspolitisches Leitbild; ein geschützter und kontrollierter Raum der Reproduktion bürgerlicher Rituale. Die Idee der Familie als Keimzelle der Nation – zentrales Motiv im rechtskonservativen Denken des 20. Jahrhunderts – entfaltet sich hier unter dem Deckmantel von Konsum und Erholung. Center-Parcs-Gründer Piet Derksen (1913–1996) investierte in Projekte, die katholische und rechte Ideologien verbreiteten und einen missionarischen Auftrag verfolgten, der sich insbesondere an ehemalige europäische Kolonien richtete. Die Geschichte der Center Parcs ist sowohl von den kolonialen Kontinuitäten Europas als auch von den Verstrickungen des europäischen Faschismus mit der katholischen Kirche geprägt – Familie, religiöses Dogma und Nationalismus stabilisieren sich gegenseitig. In A State of Happiness verwendete Goldbach eine frühe Version einer Bild-KI – zu Beginn dieser neuen Ära 2023 –, um seine Fotos der vermeintlich subtropischen Hallenbäder in verschiedenen Center Parcs zu erweitern. Alles innerhalb der rosa Rahmen ist echt, alles darüber hinaus KI-generiert. In einigen Fällen hat die KI die Freizeitarchitekturen als Ruinen weitergerechnet – das Paradies offenbart seine Fragilität mit dem ihm bereits innewohnenden Verfall.

WERKE IN DER AUSSTELLUNG: The Next Day, aus der Serie Permanent Daylight (2019), 7 Archiv-Pigmentdrucke auf Kunstdruckpapier, gerahmt, je 76,4 × 51,2 cm. Konzipiert für und produziert von Bergen Assembly 2019; A State of Happiness (2024), Mixed-Media-Installation, 12 Digitaldrucke auf Spanplatten, Kabelbinder, Metalltafeln, 200 × 350 × 70 cm. Courtesy Niklas Goldbach