Mona Vătămanu und Florin Tudor, die seit 2000 zusammenarbeiten, sind prägnante Chronist*innen der gesellschaftspolitischen Landschaft Rumäniens nach dem Ceaușescu-Regime. In ihrem Werk – das sich so vielfältiger Medien wie Film, Performance und Ölmalerei bedient – horchen sie dem Nachhall historischer Vermächtnisse in der Gegenwart nach. Ein oft genutztes Format ist das Textilbanner; frühere Varianten wandelten politische Slogans ab („Lang lebe und gedeihe der Kapitalismus!“, statt des vormals allgegenwärtigen „Lang lebe und gedeihe der Sozialismus!“) und spielten mit der bedeutungsleeren Sprache repressiver Regimes. Doch in unserem heutigen post-faktischen Fake-News-Universum können die Verfälschung von Sprache und ihre Befähigung, nichts als Plattitüden hervorzubringen, als letzter gemeinsamer Nenner erscheinen, der dieses Zeitalter charakterisiert. Das neu beauftragte Werk von Vătămanu und Tudor greift einen aktuellen Slogan auf: „We Hope This Message Finds You Well! – Wir hoffen, diese Nachricht erreicht Sie wohlauf.“ Diese banale und beiläufige Formulierung – im Englischen ein klassischer Einstieg in eine Geschäftsmail – könnte durchaus verstörend wirken. In einer gefühlt auseinanderfallenden Welt mag „wohlauf sein“ ebenso nach einem Oxymoron klingen wie „Lang lebe der Sozialismus!“. Der politische Wert des Satzes liegt aber womöglich in der unvermeidlichen Dissonanz, die jede*r Betrachter*in spüren wird: Uns geht es nicht gut, weder kollektiv noch individuell, und doch schrumpfen die Räume rasant, in denen Mitgefühl – ganz zu schweigen von einer Mobilisierung zur Gegenwehr – möglich ist.

Ein weiteres Phänomen, dem das Duo seit Längerem sein Interesse widmet, besteht in der beklemmenden Präsenz und ideologischen Resonanz der von politischen Regimen errichteten Architekturen. In ihrem ebenfalls neu in Auftrag gegebenen Film Ornament is Crime (2025) bringen sie Bobitza – einen satirischen Avatar und ein Alter Ego der globalisierten maskulinistischen Szene – nach Budapest. Bobitza, eine Figur, die die rumänische Schauspielerin Ilinca Manolache seit 2020 (während der Coronapandemie) insbesondere auf Instagram und Tiktok entwickelt hat, kommentiert laufend den Maskulinismus im Stile eines Andrew Tate, nationalistischen Prunk, sexuelle Anspielungen und andere Obszönitäten. Im Film besucht Bobitza Viktor Orbáns restaurative Renovierung des Burgpalastes aus der Habsburgerzeit und weitere bei ungarischen Nationalist*innen beliebte Orte. Unter Bezugnahme auf einen berühmten Vortrag des österreichischen Architekten Adolf Loos aus dem Jahr 1910 (leicht abgewandelt im Filmtitel) arbeitet Ornament is Crime heraus, wie besessen die Bauherren dieser baulichen Schnörkeleien von den Insignien des Imperiums (in Vergangenheit und Zukunft) sind – und das bei erschreckend hohen Kosten. Aber das ist noch nicht alles: Bobitzas wilde Metaerzählung zieht weitreichende Parallelen, unterstreicht etwa die historische Kontinuität zwischen dem rumänischen Faschismus des Zweiten Weltkriegs, dem Ceaușescu- Regime, MAGA und Elon Musks Mars-Fantasie. Dieses breit ausgelegte Gewebe wird zusätzlich verstärkt von ernsthaften Verweisen auf die Schriften des Philosophen Georges Bataille über Architektur und Terror sowie Walter Benjamins Vorstellung von Geschichte als Strudel. Wer bei all dem nicht mehr mitkommt, braucht sich nicht zu wundern, denn Bobitzas Gedanken fliegen bereits nach Bukarest zurück, um darüber zu sinnieren, ob die mystischen Kräfte von ChatGPT die ideologische Nähe zwischen Ceaușescus Parlamentspalast und der neu errichteten orthodoxen Nationalkathedrale tilgen könnten. Der Wahnsinn geht weiter.

In Auftrag gegeben vom Haus der Kulturen der Welt (HKW), produziert von Mona Vătămanu und Florin Tudor in Zusammenarbeit mit Ilinca Manolache / Dinu Bodiciu

Werke in der Ausstellung: Mona Vătămanu und Florin Tudor in Zusammenarbeit mit Ilinca Manolache, Ornament is Crime (2025), 1-Kanal-Video, Farbe, Ton, 12' 42"; Mona Vătămanu und Florin Tudor in Zusammenarbeit mit Dinu Bodiciu, We Hope This Message Finds You Well! (2025), Stoffbanner. Courtesy Mona Vătămanu und Florin Tudor