Der Nationalsozialismus und sein Fortwirken waren in der bundesrepublikanischen Gesellschaft der 1980er Jahre noch überaus präsent. Zeitschriften wie Der Spiegel und stern frönten immer wieder dem Nazifimmel mit Geschichten, die zwischen Grusel und Faszination changierten. Unrühmlicher Höhepunkt war 1983 die Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher. Der Umgang mit dem historischen Erbe des Nationalsozialismus war zudem geprägt von Kontinuitäten, Verdrängungsmechanismen und zugleich Anstrengungen zur „Vergangenheitsbewältigung“, die jedoch oftmals penetrant ihre eigene Betroffenheit zur Schau stellten. In diesem Klima bahnten Punk und New Wave neue Wege der Auseinandersetzung, die Humor, Persiflage und Provokation als Distanzierungsstrategien einsetzten. So entledigte sich etwa die Band DAF in ihrem Song „Der Mussolini“ aller Ideologien mit der Parole „Tanz den Mussolini … / Tanz den Adolf Hitler … / Beweg Deinen Hintern … / Tanz den Jesus Christus“. Auch Martin Kippenberger schlug in dieser Zeit in die Kerbe der bundesdeutschen Faschismusfaszination mit Bildern wie dem hier gezeigten Heil Hitler Ihr Fetischisten und dem ungleich bekannteren Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz erkennen (beide 1984). Der mit rohem Strich gemalte eingegipste Arm, reflexhaft zum Hitlergruß emporgereckt, darüber mit Silikonpaste die Initialen des Titels geschmiert, sollte jedoch nicht bloß das Publikum brüskieren. Zugleich verspottete Kippenberger mit seinem „bad painting“-Stil das Geniegehabe von „Großkünstlern“ wie Markus Lüpertz, Georg Baselitz oder Anselm Kiefer und ihre obsessive Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus. Die Nazisymbolik wie auch der vermeintliche Tabubruch ihrer erneuten Verwendung wird unterlaufen und der Lächerlichkeit preisgegeben.

WERK IN DER AUSSTELLUNG: Heil Hitler Ihr Fetischisten (1984), Öl und Silikon auf Leinwand, 89,5 × 74,5 × 2 cm. Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Schenkung aus dem Nachlass von Martin Kippenberger, Galerie Gisela Capitain, Köln