Glauber Rocha

Glauber Rocha, Still aus Terra em Transe (1967). Courtesy Nachlass Glauber Rocha
Mit seinem reichen und vielfältigen natürlichen Lebensraum wurde Brasilien lange als Land der Zukunft gepriesen – ein Versprechen voller positiver Zuschreibungen, das sich nie erfüllt hat. Die politische Infrastruktur gleicht bis heute einem auf Sand gebauten Kartenhaus. Christlicher Nationalismus, pfingstkirchliche Evangelikale und andere rechte Gruppen gewinnen an Einfluss, begleitet von Lynchmorden und politischen Intrigen gegen Indigene, afrobrasilianische, landlose und LGBTQIA+ Communitys im ganzen Land. Vor diesem Hintergrund haben Glauber Rochas Filme der 1960er Jahre nichts an Relevanz verloren. Als Gründungsfigur des Cinema Novo stand er dem europäischen Exotismus und der gängigen Repräsentationspolitik Brasiliens ausgesprochen kritisch gegenüber. Rochas The Aesthetics of Hunger (1965) war ein Manifest des Cinema Novo, aber auch eine Reaktion auf historische und strukturelle Gewalt, mit dem Ziel, die verborgenen Ursprünge gesellschaftlicher Konflikte neu zu kontextualisieren. Terra em Transe (1967), ein zentrales Werk in Rochas ästhetischem und intellektuellem Schaffen, zeugt allegorisch von dieser komplexen Historie. Der Film erzählt die Geschichte eines Intellektuellen, der zwischen Regimen und politischen Gelegenheiten aufgerieben wird. Er kann als Kritik an politischer Korruption und Machtdynamiken verstanden werden, die Gesellschaften prägen. Im Jahr seines Erscheinens wurde das Werk verboten und konnte erst gezeigt werden, nachdem einflussreiche brasilianische und französische Filmemacher*innen Proteste organisierten. Terra em Transe feierte 1967 in Cannes Premiere, drei Jahre nach dem brasilianischen Staatsstreich und der Errichtung der Militärdiktatur, die das Land bis 1985 beherrschte.
WERK IN DER AUSSTELLUNG: Glauber Rocha, 2 Ausschnitte aus Terra em Transe (1967), 1-Kanal-Video, schwarz-weiß, Ton, 2' 40" und 23". Courtesy Nachlass Glauber Rocha