Daniel Lannes

Daniel Lannes, O Sonho de Getúlio 2 (2025). Foto: Pedro Góes. Courtesy Daniel Lannes
Daniel Lannes ist bekannt für seine leuchtenden Bilder brasilianischer Archetypen und historischer Ikonen, die er in mehrdeutigen und oft ironischen visuellen Erzählungen porträtiert. Seine Werke strahlen eine Sinnlichkeit aus, die auf den ersten Blick den klischeehaften Vorstellungen seines Heimatlands entspricht – doch bei genauerem Hinsehen zeigen sich Risse in der Bildsprache, die Anlass zum Zweifel an der Wahrhaftigkeit dieser Erzählungen geben. Was wie Exotismus oder eine stereotype Darstellung brasilianischer Erotik erscheinen mag, entpuppt sich als eine kritische Befragung der Repräsentation, Subjektivität und Ambivalenzen der Geschichte. Lannes vermengt Hoch- und Populärkultur, historische Mythologie und Klatsch auf eine der brasilianischen Moderne eigene Weise. O Sonho de Getúlio 2 (Getúlios Traum 2, 2025) steht beispielhaft für diese Praxis: Abgebildet ist Getúlio Vargas, der 18 Jahre lang als Staatsoberhaupt amtierte, erst als Diktator und später als gewählter Amtsträger. Oft fälschlicherweise zum „Pai dos Pobres” (Vater der Armen) stilisiert, schuf er strukturelle Ungleichheiten, von denen das Land bis heute gezeichnet ist. Auf den ersten Blick könnte man meinen, der „Traum“ beziehe sich auf Getúlios Ambitionen, Brasilien zu einer modernen Industrienation umzuformen. Stattdessen ist jedoch zu sehen, wie er von seiner Liebhaberin träumt, der berühmten brasilianischen Schauspielerin Virgínia Lane. Der autoritäre Herrscher wird als devot und lustvoll dargestellt – dem Objekt seiner Begierde hilflos ausgeliefert. Die Arbeit verschränkt die private mit der öffentlichen Sphäre und hinterfragt die Ästhetik des starken Mannes unter heutigen Weltenlenkern und Kriegstreibern. Jagen sie womöglich bloß ihrem eigenen heimlichen Verlangen nach?
In Auftrag gegeben vom Haus der Kulturen der Welt (HKW), produziert von Daniel Lannes und HKW, 2025
WERK IN DER AUSSTELLUNG: O Sonho de Getúlio 2 (2025), Öl auf Leinwand, 220 × 160 cm. Courtesy Daniel Lannes