Nach dem Militärcoup vom 11. September 1973 emigrierten rund 2.000 Menschen aus Chile in die DDR, darunter etliche Künstler*innen, die sich mit kollaborativen und öffentlichen Formaten wie Plakaten, Wandmalereien, Grafiken und Mail Art beschäftigten. Der Workshop erinnert an diese kollaborativen Praktiken und erörtert aus einer generationenübergreifenden Perspektive, welche Formen der Zusammenarbeit sie ermöglichten und welche Bedeutung sie heute haben.

Zu den politischen Geflüchteten, die aus Chile in die DDR kamen, gehörte der Maler César Olhagaray (1951, lebt in Santiago und Dresden), ein Mitglied der legendären Brigada Ramona Parra. Olhagaray kam 1974 nach Dresden, wo er an der Hochschule für Bildende Künste studierte. Seitdem verwirklichte er mehr als achtzig Wandbilder, eines davon 1983 in Maputo, Mosambik, im Rahmen eines Kulturaustauschs der ‚Bruderländer‘ der DDR. Die Brigada Ramona Parra wurde 1968 in Chile gegründet und trug mit ihrer populären Ästhetik auf den Straßen Chiles entscheidend zur Verbreitung der politischen Botschaft des Sozialisten Salvador Allende bei, der schließlich 1971 die Präsidentschaftswahlen gewann. Nach der Unterdrückung durch den Militärputsch von 1973 wurde Olhagaray im Nationalstadion inhaftiert. Die französische Regierung setzte seine Freilassung durch. Er zog nach Frankreich und bald darauf nach Dresden. Santos Chavez (1934–2001), ein Mapuche-Künstler, ging 1978 ebenfalls ins Exil in die DDR, wo er 18 Jahre lang lebte. Als er 1994 nach Chile zurückkehrte, leitete er die Grafikwerkstatt des Museo de la Solidaridad. Sein Werk ist Teil der MSSA-Sammlung. Auch Guillermo Deisler (1940, Santiago – 1995, Halle) ging nach seiner Verhaftung im Gefängnis von Antofagasta im Norden Chiles ins Exil in die DDR. Er kam als Gründer des unabhängigen Lyrik- und Grafikverlags Mimbre, der zwischen 1963 und 1973 in Chile mehr als fünfzig Titel veröffentlichte. 1987 initiierte Deisler in Halle an der Saale zusammen mit Hans Braumüller, Theo Breuer, David Chikladze, César Figueiredo, Pedro-Juan Gutiérrez, Joseph Huber, Spencer Selby, K. Takeishi-Tateno und vielen weiteren Künstler*innen das kollaborative Mail-Art-Projekt UNI/vers(;), von dem 35 Ausgaben erschienen. Im Jahr 1990 gab Deisler wortBILD heraus, eine Anthologie visueller Poesie aus der DDR.