Von ihren jakutischen Wurzeln geprägt, überträgt Xenia Kudrina die von den Ahn*innen übermittelte Kultur in zeitgenössische Formen und Bedeutungen. Die Stangen in der Installation Black Ice beziehen sich auf einen serge – einen Anbindebalken und heiligen Holzpfahl, der für das jakutische kosmologische Konzept des Weltenbaums steht. Durch die Verwendung von Glas und Stahl verwandelt Kudrina dieses archetypische Objekt in eine Aussage über die Werte und Erinnerungen ihrer Gesellschaft. Das Land Sacha (Jakutien) ist reich an Rohstoffen wie Diamanten, Öl, Gas, Gold und Silber. In Anbetracht der Minen, Ölbrunnen und Rohrleitungen, welche die Landschaft durchziehen, fragt sich die Künstlerin, ob diese Symbole des Extraktivismus zu neuen Totems unseres Zeitalters geworden sind. Der Titel Black Ice ist eine Erinnerung an die Kraft der Natur und bezieht sich auf die zerstörerische Flut, die im Frühjahr 2001 Kudrinas Heimatort Lensk überschwemmte. Als Bitte um Schutz huldigen ihre Stäbe der Mutter Erde und den Geistern der Ahn*innen, die zur Ehrung des Totems der Liebe und Fürsorge mahnen, statt zu Gier und Ehrgeiz. Die Installation wird vom Gesang der jakutischen Schauspielerin und Sängerin Stepanida Borisova begleitet, deren Auftritte an schamanische Rituale erinnern.

Werk in der AusstellungBlack Ice (2010), Installation, Glas, Stahl, sieben Stangen, 60 × 60 × 260 cm; mit begleitendem Gesang, 9' 41". Courtesy Xenia Kudrina