Das künstlerische Schaffen von Saodat Ismailova verleiht den eindrucksvollen Traditionen ihres Landes eine zeitgenössische Stimme. Mit genauem Blick fürs Detail porträtiert sie den Geist Turkestans – der riesigen historischen Region Zentralasiens zwischen dem Kaspischen Meer und der Wüste Gobi. Ihre Filme, Videoessays und Installationen vermitteln universelle Botschaften über das kollektive Gedächtnis, die Suche nach den eigenen Wurzeln und die Wiederbelebung von Kosmologien – verbunden mit einem neu erwachten Verständnis für verborgenes oder verschwundenes Wissen. Die Werke sind Ergebnis langjähriger und arbeitsintensiver Forschung der Künstlerin in der zentralasiatischen Region, zu der etwa Archivrecherchen, Expeditionen und Interviews gehören. Indem sie Mythen, Zeremonien und Träume mit Darstellungen von alltäglichem Leben verknüpft, bewegt sich Ismailova durch die Welt vergessener Artefakte und verborgener Geschichten und betont so den potenziellen Verlust des wertvollen Wissens der Vorfahr*innen. 18.000 Worlds ist für Ismailova ein Talisman in Form eines Videos. Inspiration war ein in mystischen Gedichten wiederkehrendes Motiv, das auch den Alltag in Usbekistan beeinflusst: dass unsere gegenwärtige Welt nur eine von 18.000 Welten im Universum ist. Der hypnotisch-irisierende visuelle Effekt am Ende des Films geht auf die mystische Lehre des Illuminationismus zurück, die von dem persischen Philosophen Schihab ad-Din Yahya al-Suhrawardi im 12. Jahrhundert formuliert wurde. Demnach ist die gesamte Schöpfung ein fortwährender Fluss aus dem ursprünglichen, höchsten Licht. Das Dekor besteht aus strahlenden Farbfeldern und zeigt das Schutzamulett von Ismailovas Urgroßvater. Es ist mit dessen Handschrift für den sicheren Übertritt auf eine andere spirituelle Ebene verziert und trägt Bestandteile eines bestickten suzani (eines zentralasiatischen Textilstücks) mit einem kosmischen Motiv, das Himmelskörper in Bewegung darstellt.

Werk in der Ausstellung: 18 000 Worlds (18,000 Welten, 2023), 1-Kanal-Video, 30'. Courtesy Saodat Ismailova. Mit freundlicher Unterstützung von Eye Prize for Art and Film