Als einflussreicher Akteur in der estnischen Kunstgeschichte hat sich Kaljo Põllu mit der weit zurückliegenden finnougrischen Vergangenheit und den Glaubenssätzen der Vorfahr*innen beschäftigt, um eine einzigartige mythische Welt zu erschaffen, die Raum und Zeit transzendiert. Nachdem er als Vorreiter der zeitgenössischen Kunst im Estland der 1960er Jahre zur Entwicklung der lokalen Pop-Art-, Op-Art- und kinetischen Kunstbewegungen beigetragen hatte, interessierte sich Põllu im folgenden Jahrzehnt zunehmend für die Wurzeln seiner Heimat und das antike Ethos der finnougrischen Bevölkerung. Er perfektionierte die Mezzotinto-Drucktechnik und schuf Grafik-Serien wie Ancient Dwellers, Kali People und Heaven and Earth, die Ur-Glauben, Mythologien und die symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Natur abbilden. Two Sun Elks aus der Serie Kali People erforscht Vorstellungen von Dualität in der Welt, Shrine aus der Serie Heaven and Earth zeigt einen heiligen Ort der Ahn*innen. Während seiner Zeit als Dozent an der Estnischen Kunstakademie in Tallinn unternahm Põllu zahlreiche Exkursionen, um die Kulturen verwandter Gesellschaften zu erforschen: Sámi, Chanty, Mansi, Karelier*innen, Udmurt*innen, Ersja, Mokscha und weitere. Mit seinem intensiven Studium dieser uralten Geschichten und Kosmologien wollte er allerdings keine ethnografische Ästhetik vermitteln. Stattdessen schuf er sein eigenes spekulatives Universum, das die mythische Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunft verbindet.

Werke in der Ausstellung
Two Sun Elks (1978), Mezzotinto, 53,4 × 46,7 cm
Legend (1974), Mezzotinto, 46,2 × 59,3 cm
The Shrine (1987), Mezzotinto, 79,6 × 59,0 cm
The Blessing of the Earth (1988), Mezzotinto, 72,2 × 59,8 cm
To Mother Earth (1975), Mezzotinto auf Papier, 46,4 × 52,2 cm
Courtesy Estnisches Kunstmuseum
Päikesevene (1974), Mezzotinto auf Papier, 37 × 49 cm