Die belarusische Künstlerin Hanna Zubkova erkundet in ihren Werken zwischen Performance, Video, Installation und Text, wie Subjektivität und persönliche Erfahrung mit Infrastrukturen von Wissens und Machtstrukturen – sei es politischer oder sprachlicher Vorherrschaft – zusammenwirken. In Circle Ring Stones Chess befasst sie sich in einem Dreiklang aus Recherche, redaktioneller Überarbeitung und Manifestation mit dem Wesen von Gewalt. Das Werk fängt die Raumzeit von 1996 bis 2020 ein – vom Referendum, das die Macht des belarusischen Präsidenten festigte, bis zu den Protesten gegen die Regierung, die 2020 das Land überrollten. Das dokumentarische Foto-Gedicht – wie die Künstlerin es nennt – besteht aus zwei Teilen: unbearbeitete Bildschirmfotos aus found-footage-Videomaterial von Polizeiübungen in den 1990er Jahren und die unveränderten Worte aus medizinischen Berichten von Rettungssanitäter*innen während der Protestwelle 2020. Die Bildschirmfotos erfassen die Anfangskonstellationen der jeweiligen Polizeiübung, in Rot untertitelt mit den Wörtern „Kreis, Ring, Steine, Schach“ – was vermutlich ein Manöver bezeichnet. Indem Zubkova die Diskrepanz zwischen Subjekt und Beschreibungssystem hervorhebt, behandelt sie das gefundene Material zugleich als historisches Dokument und als semantisches Oxymoron. Die Berichte, die von Zubkova poetisch arrangiert wurden, dokumentieren so klar wie ausführlich Gehirnerschütterungen, gebrochene Gliedmaßen und Tod. Dem steht die Banalität der einfachen Wörter gegenüber, die den polizeilichen Übungen zugewiesen sind. So betont das Werk die bittere Absurdität von Gewalt und die Grenzen individueller Autonomie.

Werk in der Ausstellung: Circle Ring Stones Chess (2023), dokumentarisches Foto-Gedicht, Gelatinesilberdruck, gedruckter Text. Courtesy Hanna Zubkova