Stars der chinesischen Oper

Konzeption: Tian Mansha/Chengdu

Die chinesische Oper – wie das Theater [chinesisch: Xiqu] im westlichen Sprachgebrauch überwiegend genannt wird, da es schon seit seinen frühesten Formen Musik und Schauspiel auf der Bühne vereint - hat wie keine andere Kunstform das internationale Bild Chinas im 20. Jahrhundert geprägt; und keine andere Kunstform ist politisch so instrumentalisiert worden. In den Jahren der Kulturrevolution wurde mit den sogenannten „Modell-Opern“ das Genre der Peking-Oper als nationales Projekt zum Kanon aller Darstellenden Künste erhoben und überlagerte lange den einzigartigen Reichtum an regionaler Vielfalt der Opernstile.

Dennoch gibt es vielleicht keine andere Theaterform, die über Jahrhunderte auf so hohem Niveau tradiert wurde. Auch heute sind – obwohl die traditionellen Theaterformen in den letzten Jahren rasant an Interesse vor allem beim jungen Publikum verlieren - die Meister der jeweiligen Tradition in China Kultfiguren, vergleichbar mit Popstars. So ist Zhao Zhigang, der Sängerstar der Yue-Oper, in Schanghai bekannter als jeder Schauspieler, Musiker oder Bildende Künstler. Stimmliche Virtuosität und differenzierte Bewegungsartistik sind es, die über Rang und Ruhm entscheiden. Insofern spielt in der Oper die Tradition, die Technik eine herausragende Rolle. Bewahrung, Weitergabe und Innovation der traditionellen Formen lagen zu allen Zeiten vor allem beim Schauspieler. Brecht bewunderte 1935 in Moskau den großen Darsteller der Peking Oper Mei Lanfang: in seiner Kunst der Stilisierung bei gleichzeitiger Bestimmtheit der Erzählung über Figur und Situation fand er einen Schlüssel zu Techniken des Epischen Theaters; und auch andere europäische Regisseure und Dramatiker verdanken dem chinesischen Theater wesentliche Anregungen. Umgekehrt hat die chinesische Bühne heute viele künstlerische Elemente der westlichen Kultur übernommen: Regie, Bühnenbild, Lichttechnik, Entwicklung von Skript und Dialog spielen eine größere Rolle, zu deren Gunsten die des Darstellers etwas zurückgetreten ist. Umso interessanter ist die Frage, wie sich durch das einzigartige Potential des Schauspielers, der seine Qualifikation, seine Rollenspezifizierung, seine unverwechselbare künstlerische Individualität noch immer in jahrelangem Studium erwirbt, die Operntraditionen in China als zeitgenössische Form etablieren können.

Dieser komplexen Situation widmet sich das HKW im Rahmen des Opernprojektes bei „China – Zwischen Vergangenheit und Zukunft“ mit der Kooperation hervorragender Solisten.Zum Projekt werden an fünf herausragende Performer verschiedener Operntraditionen Auftragsarbeiten vergeben, die sich mit der Frage der Überlieferung und der Erneuerung auseinandersetzen.

Die Produktionen werden in China vorbereitet, kommen für eine Endphase der Proben dann nach Berlin und werden dort uraufgeführt. Die Erstaufführungen in China folgen im Mai 2006 am Dramatic Arts Centre in Shanghai.

Die ausgewählten Solisten sind

Die Verwandlung des Wu Hsing-Kuo, Copyright: Dirk Bleicker

Wu Hsing-Kuo, Meister des Jingju (Peking-Oper). Wu lebt und arbeitet in Taipeh und hat zuletzt mit seiner „König Lear“-Version die spektakulärste Produktion der letzten Jahre inszeniert und selbst gespielt.

Veranstaltungsinformationen: Wu Hsing-Kuo’s „King Lear“

Ke Jun, Cang Yu Ben - Hiding and Running, Copyright: Dirk Bleicker

Ke Jun ist Meister des KuenJqu (der Kun-Oper). Aus Nanjing kommend, vertritt er die älteste erhaltene Musik-Theater-Tradition aus China, die heute zum UNESCO-Weltkulturerebe zählt.

Veranstaltungsinformationen: Ke Jun’s „Cang Yu Ben – Hiding and Running“

Li Xiaofeng, Qin Yun - Mood of the Qin, Copyright: Dirk Bleicker

Li Xiaofeng aus Xian, der alten Hauptstadt, ist Meister des Qinqiang, der Qin-Oper. Er ist ein populärer Performer, der die verschiedensten Rollen mit großer Meisterschaft beherrscht.

Veranstaltungsinformationen: Li Xiaofeng’s „Qin Yun – Mood of the Qin“

Zhao Zhigang, Spiegelbild der Roten Kammer, Copyright: Dirk Bleicker

Zhao Zhigang aus Schanghai ist Meister der populärsten Opernform, des Yueju (Yue-Oper). Er spielt mit großer Virtuosität insbesondere die im Yueju Genre bisher fast nur von Frauen gespielten Männerrollen. In Shanghai ist er sehr populär als Sänger und Performer.

Veranstaltungsinformationen: Zhao Zhigang’s „Spiegelbild der Roten Kammer“

Tian Mansha, Qing Tan - Emotive Sigh, Copyright: Dirk Bleicker

Tian Mansha, zugleich Kuratorin des Projekts, ist die Meisterin des Chuanju, der Sichuan-Oper, die trotz der Kulturrevolution das reichste Repertoire in China bewahrt hat.

Veranstaltungsinformationen: Tian Mansha’s „Qing Tan – Emotive Sigh“