Lesung

Kiran Desai

Die Erbschaft des verlorenen Landes

Fr 14.9.2007
18h
Eintritt: 5 €, ermäßigt 3 €

Aus der deutschen Übersetzung liest Jasmin Tabatabai

Kiran Desai, (c) Jerry Bauer

Kiran Desai (Indien/USA) liest aus ihrem Roman (Booker-Prize 2006), der sich mit der postkolonialen Realität beschäftigt. Das Buch handelt von jungen Indern, die durch ihre Begegnung mit dem Westen verwundet sind - darunter Biju, einem illegalen Immigranten in New York.

Moderation: Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel)

Spätestens seit ihrem zweiten, mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman Erbin des verlorenen Landes (2006), ist Kiran Desai, Tochter der Schriftstellerin Anita Desai, auch international bekannt. In den Geschichten, die in Indien und New York spielen, verknüpft Desai Schicksale von Menschen mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Backgrounds. Ihr Buchdebüt Der Guru im Guavenbaum, 1998 erschienen, ist eine satirische Geschichte über einen Mann, der seinen Job aufgibt, um für immer auf einem Baum zu sitzen.
Kiran Desai wurde 1971 in Indien geboren und lebte dort bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr. Danach ging sie mit ihrer Familie nach England, ein Jahr später in die USA. Heute lebt die Autorin abwechselnd in den USA, Indien und England.

Appetizer
    „Wo liegt Guatemala?“, musste er fragen.
    „Wo liegt Guam?“
    „Wo liegt Madagaskar?“
    „Wo liegt Guyana“
    „Das weißt du nicht?“, fragte der Mann aus Guyana. „Ganz Guyana ist voller Inder, Mann.“
    „Guam auch. Wo du hinguckst, überall Inder.“
    „Trinidad?“
    „Voller Inder, Mann!! Und wie die reden! Abgefahren! ›Maach maal aine Dooose Laaachs aauf, Maan.‹“
    Auf Madagaskar – Inder Inder.
    In Chile – in der Duty-Free-Zone „Zona Rosa“ von Feuerland – Inder, Whiskey, Elektrogeräte. Bitterkeit beim Gedanken an die Pakistanis im Gebrauchtwagenhandel oben in Areca. „Ach … vergiss es einfach … sollen diese bhenchoots auch ihr viertel Prozent abbekommen …“
    Kenia. Südafrika. Saudi Arabien. Fidschi-Inseln. Neuseeland. Surinam.
    Schon vor langer Zeit war eine Gruppe von Sikhs nach Kanada eingewandert; sie waren weit hinaus aufs Land gezogen und die Frauen hatten ihre salwars abgelegt und trugen ihre kurtas wie Cocktailkleider.
    Inder, jawohl, auch in Alaska; der letzte Gemischtwarenladen vor dem Nordpol gehört einem desi, hauptsächlich Dosenfraß, säckeweise Salz, Fischköder und Schaufeln; seine Frau war mit den Kindern in Karnal geblieben, wo sie ihnen – den Opfern, die der Gatte brachte, sei Dank – Plätze im Kindergarten „Kleine Engel“ sichern konnte.
    Am Schwarzen Meer: Inder im Gewürzhandel.
    Hongkong. Singapur.
    Wie hatte er so ahnungslos aufwachsen können? England kannte er und Amerika, Dubai, Kuweit, aber viel mehr nicht.

Aus: Kiran Desai: Erbin des verlorenen Landes. Copyright © Berlin Verlag, Berlin 2006, S.34f.

Eine Veranstaltung im Rahmen der „Asien-Pazifik-Wochen 2007 – Asien-Pazifik verändert die Welt“. Die Asien-Pazifik-Wochen werden unterstützt von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin DKLB.