Symposium

Revisiting Archive in the Aftermath of Revolution

Fr 26.10.2018
19h
Eintritt frei
Sa 27.10.2018
12h
Eintritt frei
So 28.10.2018
12h
Eintritt frei
Arabisch und Englisch mit Simultanübersetzung in die jeweils andere Sprache

Vortragssaal
Yto Barrada, Hand-Me-Downs (2011, Filmstill)

Archivieren bedeutet nicht nur dokumentieren. Nach den Arabischen Revolutionen haben Künstler*innen und Intellektuelle ihre Arbeit auf Archive konzentriert: auf der Suche nach einer Vergangenheit, die verschüttetet liegt unter Schichten kultureller, politischer und psychologischer Repression. Ein Symposium zu Erinnerung, Trauer, vergessenen und verbotenen Narrativen

Was ist vom Arabischen Frühling geblieben? Wie bringt man den Widerstand in eine archivarische Form? Und wie muss ein Archiv beschaffen sein, um solche Ereignisse in Zukunft erinnern zu können?

Während der Revolutionen in der Arabischen Welt entstand in den sozialen Medien und durch den Bürger*innenjournalismus eine Vielzahl dokumentarischen Materials. Gleichzeitig besteht infolge von Revolutionen die Möglichkeit, verschollene Archive zu heben und durch politische Repression unterdrückte Narrative wieder aufleben zu lassen. Das Verhältnis von Archiven und den politischen Ereignissen in der Arabischen Welt wirft Fragen auf: Wie lassen sich Horror, wie Tradition oder biografische Erlebnisse archivieren? Welche formalen Entscheidungen treffen Künstler*innen, um solche Realitäten einzufangen? So wird das Archivieren zur politischen Handlung – denn gerade heute hängt die Zukunft von der Archivierung des Gegenwärtigen und der Reflexion des Vergangenen ab.

In Vorträgen, Gesprächsrunden und Filmen untersuchen Wissenschaftler*innen, Autor*innen, Künstler*innen und Filmemacher*innen künstlerische und intellektuelle Artikulationen des Archivierens als politische und persönliche Praxis. Mit der Künstlerin Yto Barrada, der Historikerin Leyla Dakhli, der Poetin Iman Mersal, dem Historiker Khaled Fahmy u.v.a.

Konzipiert mit dem Arab Fund for Arts and Culture (AFAC), gemeinsam mit Europa im Nahen Osten – der Nahe Osten in Europa (EUME), kuratiert von Khaled Saghieh

Freitag, 26. Oktober

19–19.30h | Eröffnung
Bernd Scherer, Rima Mismar, Khaled Saghieh

19.30–20.30h | Keynote Lecture
Khaled Fahmy: Die Revolution archivieren

Samstag, 27. Oktober

Archive des Widerstands

Während des Arabischen Frühlings haben Archivierungspraktiken und Betrachtungen der Vergangenheit an Bedeutung verloren: In den Mittelpunkt trat stattdessen die Dokumentation der gegenwärtigen Ereignisse und der gewaltsamen Niederschlagung der Aufstände. Im Nachgang zeichnet sich nun die gegenläufige Tendenz ab, Freilegungen und archivische Praxis wieder in ihrem Potenzial zu betrachten, dass sie Widerstand hervorrufen können

12–13.30h | Projektpräsentationen
Leyla Dakhli: Can (subaltern) Archives Speak? Geschichte schreiben in Zeiten von Aufstand und Unterdrückung
Sana Yaziji: The Creative Memory of the Syrian Revolution
Refqa Abu Remaileh: Palästinensische Literaturkarawanen aufspüren: Über Gleichzeitigkeit und Vollständigkeit
Moderiert von Alia Mossallam

14.30–15.15h | Künstlerinnengespräch
Mariam Ghani: The Garden of Forked Tongues
Moderiert von Rasha Salti

Freigelegte Traditionen

Bei der Suche nach der unterdrückten Geschichte und marginalisierten Erzählungen im Nachgang der Revolutionen – und vor allem im Kontext der damit verbundenen Umwälzungen – entstehen neue Weltanschauungen und Perspektiven.

15.15–16.30h | Diskussionsrunde
Hanan Toukan: Was ist mit „Iltizam“ geschehen?
Rana Issa: Die Archive der „Nahda“: Literatur als kritische Archivpraxis am Beispiel von Ahmad Faris al-Shidyaq
Maissan Hassan: Gedächtnis und Feminismus: Gedanken zu Archiven von Frauen und Oral History in Ägypten
Moderiert von Georges Khalil

Horror archivieren

Horror zu archivieren wirft Fragen nach Erinnerung, Trauer und den Darstellungspraktiken auf, mit denen Künstler*innen das Unaussprechliche und die Wirklichkeit einfangen. Die Gesprächsrunde untersucht das komplizierte Verhältnis von dokumentarischen und künstlerischen Praktiken, die zwischen der Schubkraft des Ästhetischen und der Sogwirkung des Grauens oszillieren.

17–18.30h | Präsentationen
Stefan Tarnowski: Ein paar große Bilder und nichts weiter?
Veronica Ferreri: Tasharrud als Zustand des endgültigen Verlusts
Mustapha Benfodil: Mein erstes Archiv ist mein Körper
Moderiert von Yassin Swehat

19.30–20.30h | Filmscreenings
Today is 11th June 1993 (R: Clarissa Thieme, D / BIH 2018, 15min, bosnische OV mit engl. UT)
When Things Occur (R: Oraib Toukan, Palestine/ UK 2017, 28min, arab. OV mit engl. UT)

20.30–21.30h | Lesung & Performance
Maisan Hamdan, Ibrahim Mahfouz, Wadia Ferzly, Ahmed Katlish, Mariam Mekiwi, Ghiath Mihithawy, Zena Elabdalla und Haytham al-Wardany: Writing Catastrophe

Über vier Monate führte der Autor Haytham al-Wardany einen Workshop durch mit Autor*innen und Filmemacher*innen aus der arabischen Welt: Unter dem Motto „Writing Catastrophe“ verarbeiteten sie ihre Erfahrungen von Verlust, Trauma und Flucht. In einer performativen Lesung präsentieren sie Auszüge aus Texten, die während des Workshops und danach entstanden sind.

Sonntag, 28. Oktober

Worte – wieder belebt

In der Forschung zu Printmedien und Aufzeichnungsformen von Geschichte zeichnet sich ein wachsendes Interesse an Funktionsweisen der Printmedien-Kultur ab: Wie manifestiert sich dieses Phänomen im Hinblick auf die schwindende Zirkulation von Büchern, Bibliotheken, Zeitungen und Magazinen? Hier dienen diese Archive als Folie und Projektionsfläche, um gesellschaftliche und intellektuelle Geschichte zu interpretieren.

12–13.30h | Präsentationen
Marwa Arsanios: Embodied Texts, Al-Hilal Magazine
Zeina G. Halabi: Das Selbst erhalten nach dem Ende der Printmedien
Mohammed Shoair: In den Bibliotheken arabischer Intellektueller
Moderiert von Rima Mismar

Biografien und das Selbst

In den gegenwärtig unruhigen Zeiten werden Menschen offener für die Geschichten anderer. Autor*innen legen Biografien von Orten und Menschen frei oder greifen sie neu auf. Hier reflektieren sie ihre Arbeitsprozesse und Ideen, die mit diesen Praktiken einhergehen.

14.30–16h | Filmscreening
Erased, ___Ascent of the Invisible (Tirss, Rihlat al-Su’ud ila al-Mar’i) (R: Ghassan Halwani, LIBN 2018, 76 min, arab. und engl. OV mit engl. UT)

16.30–18h | Projektpräsentationen
Iman Mersal: Auf den Spuren von Enayaat Elzayaat
Ahmed Naji: Intellektuelle, die Polizei und Adawiyya
Lamia Moghnieh: Die libanesische Psychiatrische Klinik Asfouriyeh: eine Geschichte der Psychiatrie, Gewalt und Gesellschaft im Libanon
Moderiert von Haytham al-Wardany

Sehnsucht nach Utopia

Künstler*innen und Schriftsteller*innen wenden sich der Vergangenheit zu, um verlorene Utopien wiederzuentdecken und utopische Entwürfe inmitten einer dystopischen Gegenwart zu entwickeln. Im Rückgriff auf alte Fotografien, Familiengeschichten oder politisches Propagandamaterial wird so die Suche nach verschollenen und ersehnten Utopien zum Ort, an dem sich die Vorstellungskraft erneuern kann.

19–19.45h | Gespräch
Marcelo Rezende: Wie entsteht ein Anti-Museum?
Moderiert von Ruth Noack

19.45–20.30h | Filmscreenings
Tree Identification for Beginners (R: Yto Barrada, M / USA 2017, Digital Video, Color, Sound, 35min, engl. OV)
Hand-Me-Downs (DR: Yto Barrada, M 2011, 8mm, 16mm, Digital Video, Color, Sound, 14min)

20.30–21.30h | Performance
Yasmina Reggad: We Dreamt of Utopia and We Woke Up Screaming