Inputs, Diskussionen

Rassismen Heute?

Mit Zimitri Erasmus, Maya Indira Ganesh, Ruth Wilson Gilmore, David Theo Goldberg, Serhat Karakayali, Shahram Khosravi, Françoise Vergès

Do 15.3.2018
Auditorium
15–19h
Eintritt frei
Bild: auf Grundlage der Arbeit Impossible triangle, 1934 mit freundlicher Genehmigung © Oscar Reutersvärd / VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Design: NODE Berlin Oslo, Detail

Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein haben in ihrem grundlegenden Essayband weitsichtige Deutungen und analytische Begriffe zum Verständnis gegenwärtiger Symptome der Kategorien von „Rasse“, „Klasse“ und „Nation“ entwickelt. Doch inwieweit sind diese Kategorien fast drei Jahrzehnte später noch relevant? Welche neuen Rassismen überlagern in der Gegenwart – da sich die Ungleichheiten weiter vertiefen – ältere, biologistisch argumentierende Formen von Rassismus, von denen sie sich angeblich gelöst haben? Während die anhaltende Bedeutung sozialer Kategorisierungen wie „Rasse“ und „Klasse“ geleugnet wird, scheint der Nationalismus sich neu zu formieren angesichts – und im Widerspruch zu – einer wachsenden demografischen und kulturellen Heterogenität. Körper werden individualisiert und zugleich auf neue Weise mit ethnisierenden und rassifizierenden Markierungen versehen. Ganze Bevölkerungsgruppen verschwinden aus den „Büchern“, indem man sie zu Staatenlosen erklärt. Welche Neukonfiguration erfährt der Rassismus in einer Zeit, in der technologische Entwicklungen Körper überformen, ganze Bereiche der Arbeitswelt überflüssig machen bzw. über Grenzen hinweg re-organisieren, aggressive Militarisierung begünstigen und ungeahnte Überwachungsmöglichkeiten hervorbringen? Mit welchen Strategien eines kritischen Antirassismus lässt sich auf diese Entwicklungen antworten?

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen diskutieren der Theoretiker der Critical Race Studies David Theo Goldberg und die politische Theoretikerin Françoise Vergès mit der Soziologin Zimitri Erasmus, der feministischen Datenforscherin Maya Indira Ganesh, der Geografin und Aktivistin Ruth Wilson Gilmore, dem Soziologen Serhat Karakayali und dem Anthropologen Shahram Khosravi. Wie lassen sich die Analysen Balibars und Wallersteins auf zeitgenössische Artikulationen von Rassismen und die Kategorie der „Rasse“ anwenden? Und wie lässt sich ihre Analyseperspektive für widerständige Praktiken nutzen?

Teil 1
Rassismen durchdenken
Nach einem kurzen historischen Abriss über den Wandel rassistischer Formationen, Strukturen und Ausdrucksweisen seit den späten 1970er Jahren erörtern die Teilnehmer*innen, welche Konsequenzen Balibars und Wallersteins Analyse für ihr eigenes Denken über gegenwärtige rassistische Verhältnisse hat. Inwieweit ist Einwanderungspolitik eine treibende Kraft im und für den heutigen Rassismus? In welchem Maße beeinflusst die Geschichte der transnationalen feminisms of color die Feminismen in nationalen Kontexten, die weitgehend entlang der Kategorien Klasse und Rasse getrennt geblieben sind? Welche Formen des Antirassismus sind am wirkungsvollsten, um sich heutigen Rassismen entgegenzustellen?

Teil 2
Rassistische Verhältnisse diskutieren
Gemeinsam mit dem Publikum analysieren die Teilnehmer*innen eine kuratierte Zusammenstellung von Fotografien und audiovisuellem Material, die gegenwärtige Ausdrucksformen von Rassismus sowie die Kritik daran in verschiedenen Ländern zeigen. Was sind die gegenwärtigen Bedingungen von Rassismus und wie bezieht sich das Material auf diese Verhältnisse?

Programm in Zusammenarbeit mit David Theo Goldberg, Françoise Vergès

Kurzbiografien: Zimitri Erasmus, Maya Indira Ganesh, Ruth Wilson Gilmore, David Theo Goldberg, Serhat Karakayali, Shahram Khosravi, Françoise Vergès