Evil.13.3 (Fragments & Extensions 4 OE)

Tony Cokes

Tony Cokes, Videostill aus Evil.13.3 (Fragments & Extensions 4 OE), © Tony Cokes. Courtesy the artist, Greene Naftali, New York; Hannah Hoffman, Los Angeles; Felix Gaudlitz, Vienna, and Electronic Arts Intermix, New York.

„Ich sah
die abgetrennte Hand
eines Schwarzen Aktivisten
in einer Flasche
auf einer Polizeistation
in Port Elizabeth.

Die Polizei
erzählte mir,
das sei
die Hand eines Pavians.”

Evil.13.3 (Fragments & Extensions 4 OE) befasst sich mit Formen von Traumata in unterschiedlichen historischen Zusammenhängen, Orten und Zeiten. Grundlage bilden drei Bücher: W.G. Sebalds Luftkrieg und Literatur, über die Bombardierung deutscher Städte während des Zweiten Weltkriegs, Antjie Krogs Country of my Skull, zu Zeugenschaft in der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission, woher auch das Zitat stammt, sowie Philip Gourevitchs We Wish to Inform You that Tomorrow We Will Be Killed with Our Families, ein Bericht über den Völkermord in Ruanda. Die Arbeit ist Teil der Medieninstallation Evil, eines Langzeitprojekts von Tony Cokes, das eine Serie von Reflexionen über wiederkehrend und ungelöst Fragen darstellt. Durch die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Kontexte Deutschlands, Ruandas und Südafrikas zeigen sich die weitreichenden und tiefgehenden Dilemmata rund um traumatische Bilder und die Berichte über menschliche Gewalt: Wie steht es um eine vermeintliche Transparenz, die Glaubwürdigkeit von Zeug*innen und die rhetorische Kontextualisierung ihrer Aussagen? Wie wirkt sich die Konfrontation mit expliziten Gewaltdarstellungen aus? Und welche Bedeutungen für die Erinnerungspolitik ergeben sich daraus? Um sich diesen Fragen zu nähern, bedarf es der Umwege über Archive persönlicher wie institutioneller Natur, um so zumindest eine gewisse Lesbarkeit entwickeln zu können – eine Lesbarkeit, die zwangsläufig unstet bleibt.

Die Arbeit Evil.13_Alternate Versions – ONHD (c.my.skull) wurde 2010 im Rahmen des ersten Berlin Documentary Forums zum ersten Mal am HKW gezeigt, in einer Zusammenstellung von Okwui Enwezor unter dem Titel Rules of Evidence: Text, Voice, Sight. Die aktuelle Installation kombiniert die Textfragmente mit zusätzlichen weiterführenden Ebenen und aktuellen Referenzen.

Die grundlegenden künstlerischen Strategien, die ihre Anwendung in diesem Projekt finden, waren das Ergebnis des Austausches von Okwui Enwezor und Tony Cokes. Jetzt, in Enwezors Abwesenheit, folgt die Arbeit diesen methodologischen Spuren in bruchstückhafter Fortschreibung und in Spekulationen über ihr mögliches Weiterwirken, wie Geister in einer verfluchten Ruine.

Teil 1: Drei-Kanal-Installation, SD Video, 2010
Teil 2: Ein-Kanal-Installation, SD Video, 2006, 2010
Teil 3: Ein-Kanal-Projektion, HD und SD Video, 2006, 2010, 2022