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Sonic Pluriverse Festival

Terapia

Konzerte, Live-Sets, DJ-Sets, Vorträge, Workshop

4.–26.7.2024

All Dates

Tickets: €16–24; DJ-Sets: Eintritt frei
Early Bird Festival-Package: Eintritt zu 9 Konzertabenden zum Sonderpreis von insgesamt €121,50 (€13,50 pro Abend, ohne Ermäßigung; ausgenommen das Konzert am 11.7.2024). Das Angebot ist limitiert auf 100 Stück!
Tickets

One good thing about music, when it hits you (you feel no pain)
Oh, oh, I say, one good thing about music when it hits you (you feel no pain)
Hit me with music, hit me with music now
– Bob Marley, „Trenchtown Rock“

Terapia nennt man in der kolumbianischen Karibik eine Art von Musik, die den Grundstein für die Entstehung der Champeta legte, eines Genres, das seinen Ursprung auf dem Mercado de Bazurto in Cartagena de Indias hat. Die Hafenstadt spielte in der Geschichte des Sklavenhandels eine maßgebliche Rolle, da sie strategisch günstig gelegen ist und in der Kolonialzeit zum wichtigsten Umschlagplatz für versklavte Menschen wurde. Cartagena liegt nur 49 Kilometer von Palenque de San Basilio entfernt, der ersten freien afrikanischen Stadt auf dem amerikanischen Kontinent: einer kleinen Schwarzen Gemeinde, gegründet von Maroons, Personen afrikanischer Abstammung, die sich von der Sklaverei befreit hatten.

Vor diesem historischen Hintergrund entstand in den 1980er Jahren Terapia, basierend auf unterschiedlichen Rhythmen, meist afrikanischer und karibischer Herkunft. Zu den Einflüssen zählen Mbaqanga, Bubblegum und Jive aus Südafrika, Soukous aus Zentralafrika, Zouk aus Martinique und Guadeloupe und Soca aus Jamaika. Die Verbreitung dieser Genres in Kolumbien hatte vor allem in den späten 1960er Jahren eingesetzt, begünstigt durch neue Entwicklungen in der Tontechnik und das Aufkommen vor Ort hergestellter mobiler Soundsysteme, der sogenannten Picós. Diese zeichneten sich durch ihre auffällige Dekoration durch lokale Künstler*innen aus, die mit der farbenfrohen Bemalung der Lautsprecher beauftragt wurden. Jedes Picó erhielt von seinen Besitzer*innen einen Namen. Die Anlagen hatten einen kraftvollen Sound und spielten bei Straßenfesten eine zentrale Rolle.

Das Phänomen der Picós war von Anfang an besonders für die Arbeiterviertel in Cartagena und Barranquilla von Bedeutung, wo vor allem Menschen mit afrikanischen Wurzeln leben, die in einer von Klassismus und Rassismus geprägten Gesellschaft seit jeher von Marginalisierung betroffen sind. Durch Zusammenkünfte und Partys entstanden bereits rund um die allerersten Picós unabhängige, selbstverwaltete Räume, in denen diese Communitys neue soziale Bezugssysteme entwickelten. So entstanden zum Beispiel mit Terapia verbundene Tänze, die aus den Erinnerungen der Vorfahren schöpften, bevor das Internet zum wichtigsten Medium des Austauschs wurde, und sich auf dieser Grundlage organisch entfalten konnten. Zu Terapia wurde vor allem paarweise getanzt, mit sinnlichen, intuitiven Bewegungen, ganz nahe an den Lautsprechern, um die Körper der vollen Kraft der Schallwellen auszusetzen. Zeitzeug*innen berichten, dass es sich anfühlte, als würde der Klang die Haut durchdringen, und zwar derart, dass alle mit einem veränderten Gemütszustand nach Hause gingen. Diese Wirkung konnte tagelang anhalten und für einen dauerhaften Zustand des Hochgefühls sorgen. Das ist der Grund, warum die Community der Musik ihren Namen gab: terapia – Therapie.

Terapia lässt sich als umfassendes interdisziplinäres Konzept verstehen, das darauf abzielt, das Wohlbefinden von Gemeinschaften zu fördern. Es kann verschiedene Formen annehmen, die sowohl physische als auch psychische Aspekte betreffen und letztlich im Dienste eines Heilungsprozesses stehen. Ausgehend von dieser Idee untersucht das Sonic Pluriverse Festival: Terapia über vier Wochenenden hinweg verschiedene Formen von Heilung in Verbindung mit Musik und diversen Klangpraktiken.