Über Schönheit Statement des Kurators Wu Hung


Im Jahre 1933 schrieb Salvador Dali: "Die Schönheit wird essbar sein oder sie wird gar nicht sein". Solche ikonoklastischen Sprüche über Schönheit häuften sich in der Kunstzirkeln jener Zeit. Dahinter steckte entweder die Forderung nach einer totalen Ablehnung dieses Konzepts oder ein Beharren auf seiner Bedeutung in Kunst und Ästhetik. Tatsächlich wurde im 20. Jahrhundert häufig behauptet, dass die moderne Ästhetik auf der Zurückweisung des Schönen basierte, und dass fortschrittliche Kunst ihre Kraft gerade daraus bezog, dass sie sich vom Prinzip der Schönheit lossagte.

Seit den 1990ern ist Schönheit als Gegenstand einer ästhetischen Debatte jedoch wiederaufgetaucht. Was früher negiert wurde, widerrufen nun die Kritiker des Kunst-Establishments und die Befürworter von Feminismus, Postmodernismus und Multikulturalismus und unterziehen die Beziehung der Schönheit zur Kunst - nicht nur zur Hohen Kunst, sondern auch zu ihrer populären und kommerziellen Variante - einer neuerlichen Untersuchung. Eine noch nicht abgeschlossene Diskussion über die Bedeutung von Schönheit in verschiedenen Kulturen sorgt darüberhinaus für eine Befreiung des Konzepts von der philosophischen Tradition des Westens und schafft eine Verbindung mit dem Schwung der internationalen zeitgenössischen Kunst.

Das jüngste Zeugnis der so genannten "Wiederkehr der Schönheit" ist diese Ausstellung und weitere damit verbundene Veranstaltungen, die die Diskussion auf ein neues Niveau heben wollen. Organisiert vom Berliner Haus der Kulturen der Welt präsentiert sie 21 Künstler aus elf Ländern und schließt Werke in verschiedenen Medien ein: nicht nur Malerei und Bildhauerei, sondern auch Fotografie, Installation, multimediale Kunst und Film. Die Ausstellung kann so die vielschichtige Rolle von Schönheit in der Gegenwartskunst auf globaler Ebene erforschen. Statt einer Typisierung bestimmter universeller Maßstäbe von Schönheit oder einer beispielhaften Darstellung großer kultureller künstlerischer Traditionen stellen die ausgewählten Arbeiten einen intensiven Dialog darüber her, wie einzelne Künstler mit unterschiedlichem kulturellen und künstlerischen Hinter-grund Schönheit neu denken und neu darstellen. Um Konzepte wie Körper, Mythologie, Technologie, Trauma und Tod, Transzendenz und öffentlicher Raum entfaltet sich eben jener Dialog, der quer zu den etablierten Vorstellungen von Schönheit verläuft und das Publikum dazu inspirieren möchte, über die Beziehung von Schönheit und künstlerischem Schaffen in der heutigen Zeit nachzudenken.


Die Ausstellung ist das Kernstück eines größeren Projektes, das aus einer internationalen Konferenz, vier thematischen Projekten, Performances und einem Tanzprogramm, einem Internet-Projekt und einem Jugendprogramm besteht. In ihrer Gesamtheit bieten diese Veranstaltungen ein reichhaltiges Material und umfangreiche Perspektiven, um die Bedeutung von Schönheit in Kunst und Gesellschaft der Gegenwart zu überdenken.



Zu den teilnehmenden Künstlern zählen: Matthew Barney, Samta Benyahia, Heri Dono, Rotimi Fani-Kayode, Hans-Peter Feldmann, Jens Haaning, Katarzyna Kozyra, Michael Lin, Liu Dan, Liu Zheng, Mariko Mori, Shirin Neshat, Nam June Paik, Qin Yufen, Ravinder Reddy, Rong Rong & Inri, Cindy Sherman, Shi Chong, Wang Gongxin & Lin Tianmiao, Zhu Jinshi, Zhuang Hui


Die Ausstellung präsentiert vier Auftragswerke, die speziell im Hinblick auf die Räumlichkeiten des HKW entworfen werden, von: Samta Benyahia, Hans-Peter Feldmann, Michael Lin, Qin Yufen, Zhu Jinshi